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  • AutorenbildSissy

Geht es wirklich nur um den eigenen Willen? Was wirklich hinter der Trotzphase steckt.

Kleinkindern im besten Alter (der Autonomiephase) haftet der Ruf an, sie würden immer nur ihren Willen durchsetzen wollen und tun alles dafür.

Daraus resultieren Ratschläge wie "Du musst sie einfach ausbocken lassen, dann lernen sie das ganz schnell!" oder "Einfach ignorieren, dann hört das auf." gepaart mit der Aussage, dass es ja auch früher niemandem geschadet hat. Traurigerweise folgen immer noch unheimlich viele Eltern diesen Ratschlägen - entweder, weil sie es tatsächlich nicht besser wissen oder weil sie es nicht besser wissen wollen.

Nun stellt ihr Euch sicherlich die Frage, worum es den Kindern denn dann eigentlich geht, wenn nicht darum, den Willen durchzusetzen?

Um diese Frage zu beantworten, machen wir einen kleinen Exkurs in die Gehirnstruktur von Kindern.

Kleinkinder zwischen 1 und 5 Jahren befinden sich in einer sehr wichtigen Entwicklungsphase, während der sie feststellen, dass sie selbst wirksam sind. Sie stellen fest, dass sie anhand von bestimmten Handlungen bestimmte Ziele erreichen können. Sie testen aus was passiert, wenn sie dieses oder jenes tun, und bringen ihre Eltern damit so manches mal auf die Palme.

Kinder tun aber nichts, nur um ihre Eltern zu ärgern. Kinder sind kleine Wissenschaftlicher, die die Welt nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip erforschen. Das geht schon als Baby los, wenn sie immer wieder etwas vom Hochstuhl fegen und dann schauen, wie die Nudeln wohl aussehen, wenn sie unten ankommen. und warum fällt eigentlich immer alles nach unten?

Genau dasselbe passiert dann während der Autonomiephase, nur auf anderen Gebieten. Sie testen ihre Grenzen - und die Grenzen ihrer Mitmenschen. Aber sie tun dies niemals, um jemanden im allgemeingültigen Sinne "zu ärgern".

Bei Kleinkindern herrscht im Gehirn - sehr vereinfacht gesagt - ein Ungleichgewicht zwischen dem emotionalen und dem rationalen Teil. Der rationale Teil des Gehirns macht uns fähig, Pläne für die Zukunft zu schmieden, uns lange genug zu konzentrieren um ein Buch zu lesen und zu entscheiden, ob eine Situation tatsächlich gefährlich ist oder eben doch harmlos. Schlicht gesagt ist das rationale Gehrin der Teil, der uns Menschen zu dem macht was wir sind.

Das emotionale Gehirn hingegen steuert unsere grundlegenden Körperfunktionen, Emotionen und ist zuständig für die Fluch-oder-Kampf-Reaktion, die in unserer Zeit kaum noch benötigt wird, zumindest nicht mehr in dem Ausmaß wie noch vor hunderten von Jahren.

Bei Kleinkindern überwiegt das emotionale Gehirn - sie sind impulsiv, spontan und reagieren oft über.

Wenn Kinder an eine Grenze stoßen, ein "nein" hören und erkennen, dass sie keinen Keks mehr bekommen, dann empfinden sie etwas Negatives - Wut, Enttäuschung, Trauer... Die Fähigkeit, Emotionen zu verarbeiten und angemessen zu reagieren liegt jedoch im rationalen Gehirn - ahnt ihr, worauf ich hinaus will?

Genau. Kinder kriegen keine Gefühlsausbrüche, weil sie ihren Willen durchsetzen wollen. Sie können einfach nicht anders. Sie geraten in eine Art Emotionsschleife, aus der sie nicht alleine aussteigen können.

Und genau deswegen ist Begleitung und angemessene Fremdregulation in dieser Zeit so unheimlich wichtig. In der Zeit zwischen 1 und 5 entwickelt sich die Frustrationstoleranz, und die ist wichtig für den Rest des Lebens.

Weder das ignorieren und "ausbocken lassen" noch das Fernhalten jedweder Grenzen und die Erfüllung jedes Bedürfnisses sind sinnvoll und zielführend. Konsequenz ist das Stichwort, und die ist nicht gleichzusetzen mit Strafe. Grenzen ziehen und diese einzuhalten ist Sache der Eltern bzw. der Bezugspersonen, die sich um das Kind kümmern. Aber es ist eben auch Sache dieser Personen, die Kinder dabei zu begleiten und zu unterstützen, die Welt der Emotionen und Strategien zur Stressbewältigung kennen zu lernen.


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