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  • AutorenbildSissy

Ein temperamentvolles Doppelpack oder: Wie sich mein Leben auf den Kopf stellte

Als ich erfuhr, dass ich schwanger bin, hatte ich diese wunderbare Vorstellung im Kopf: ich und mein Baby, kuschelnd auf dem Sofa; bei gemütlichen Spaziergängen und in Krabbelgruppen. Wir würden wunderbare Momente als Familie erleben, tolle Dinge unternehmen. Ich wollte unbedingt spontan entbinden und stillen. Ich träumte wohl den Traum, den alle Familien träumen.

 

Tag X


Beim Ultraschall in der 9. Woche sollte sich dieser Traum dann schlagartig in Luft auflösen. Ich erfuhr, dass gleich zwei kleine Wunder in mir wuchsen. Dieser Moment zog mir den Boden unter den Füßen weg - hatte ich nicht immer gesagt, dass ich auf keinen Fall Zwillinge bekommen wollte?


Ich bekam furchtbare Angst. Wie sollte ich das bloß schaffen? Wie sollte ich diese zwei kleinen Babys großziehen? Wie sollte ich dieser Verantwortung gerecht werden?

Diese Angst verfolgte mich die ganze Schwangerschaft, und selbst die ersten Tage nach der Geburt ließ sie mich einfach nicht los.


Alles, außer "normal"


Meine persönliche Traumvorstellung enthielt natürlich ein absolutes "Anfängerbaby"; eins, das überall zufrieden schläft und glucksend auf seiner Spieldecke liegt.

Nun ja, ich hab die Realität um Längen verfehlt.

Meine beiden Pupsbacken waren unendlich süß - und mindestens genauso temperamentvoll. Sie waren alles andere als Anfängerbabys. Sie waren selten zufrieden, schliefen nur auf dem Arm oder im Kinderwagen. Egal ob Zuhause oder in der Krabbelgruppe, grundsätzlich saß ich mit zwei Babys in den Armen da, einen Kaffee vor mir auf dem Tisch, den ich nicht mal kalt trinken konnte - ich hatte keine Hand frei.


Wir haben unsere Abende im Schlafzimmer verbracht, jeder ein Baby auf dem Arm, bis sie schliefen. Manchmal dauerte es bis zu 2 Stunden. Wir konnten monatelang keine Autofahrten unternehmen, die länger als 15 Minuten dauern. Wir konnten nirgends hingehen, da die zwei Pupsbacken so schnell überreizt so stark waren, dass wir tagelang die Nachbeben gespürt haben. Monatelang ging keiner von uns abends mal aus, da einer alleine die beiden kaum ins Bett kriegen konnte. Ich hatte sehr oft Heulkrämpfe, weil ich einfach nicht mehr wusste, wie ich die beiden beruhigen konnte.


Hätte ich das mal eher gewusst...


Das Schlimmste war, dass uns niemand geglaubt hat. "Babys sind halt so." "Das sind nun mal zwei." "Zwillinge sind eben anstrengend."

Die Krönung allerdings war: "Du erziehst ihnen das an. Du bist selbst Schuld!"


Selbst jetzt, nach über 2 Jahren, fallen mir noch all die Unterschiede auf. Die Unterschiede zwischen den anderen Babys in unserer Zwillingskrabbelgruppe und wie meine damals waren. Jedes Mal spüre ich diesen kleinen Stich, vor allem wenn ich höre, was für tolle Unternehmungen die anderen Eltern mit ihren Twinkies gemacht haben. Urlaube und Ausflüge, von denen wir nur träumen konnten.


Leider habe ich erst sehr spät von dem Begriff "High Need" bzw. der Bezeichnung "temperamentvoll" gelesen. Hätte mir jemand davon früher erzählt, dann hätte ich die Situation ganz anders annehmen können. Vielleicht hätte ich mir sogar anderweitig Hilfe geholt. Stattdessen saß ich da und habe an mir gezweifelt - an meinen Fähigkeiten als Mutter. Irgendwas musste ich ja völlig falsch machen.


Zum Glück half mir die Erkenntnis, dass meine Kinder eben einfach so sind, erheblich. Auch wenn es immer noch anstrengend ist, kann ich viele Dinge jetzt einfacher handhaben.

 

Das Positive


Meine Jungs sind lebhaft und neugierig. Sie wollen die Welt entdecken und das tun sie mit allen Sinnen. Sie haben eine unglaubliche Energie und Durchsetzungskraft. Sie sind motorisch sehr weit und ich kann sie auf dem Spielplatz ihr Ding machen lassen. Sie können liebevoll sein und bringen sich gegenseitig ihr Kuscheltier, wenn einer weint. Sie haben eine unglaubliche Beobachtungsgabe und bemerken jedes Detail.


Auch wenn viele ihrer Eigenschaften sie als Baby unheimlich anstrengend sein ließen (und oft auch jetzt noch!), so sind diese Eigenschaften gleichzeitig unheimlich positiv und werden die beiden mal weit bringen.


Viele Dinge haben sich irgendwann von selbst erledigt (zum Beispiel das EInschlafen auf dem Arm). Viele Dinge laufen besser als erwartet (zum Beispiel die Eingewöhnung in die Kita). So sehr ich am Anfang meine Mutterrolle angezweifelt habe, so sehr genieße ich es jetzt. Kaum etwas im Leben gibt einem diese wunderbare Resonanz und das Gefühl wichtig zu sein.

Ich habe gelernt, auf meinen Bauch zu hören und mir zu vertrauen. Und ich habe gelernt, das zu tun was ich für richtig halte, egal was andere sagen.


Meine beiden Jungs haben mein Leben völlig auf den Kopf gestellt. Sie haben alles verändert, auch mich. Aber es ist gut so wie es ist und ich bin stolz auf meine zwei kleinen goßen Pupsbacken.

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